Vergangenheit trifft Gegenwart
Eine Zeitreise durch die Mittlere Berliner Straße
Mit dem Projekt „Vergangenheit trifft Gegenwart“ laden wir Sie ein auf eine spannende Zeitreise durch die Mittlere Berliner Straße – direkt vor Ort und digital erlebbar.
An ausgewählten Schaufenstern in der Mittleren Berliner Straße wurden QR-Codes angebracht. Scannen Sie den Code mit Ihrem Smartphone und entdecken Sie historische Fotos, spannende Hintergrundinformationen und kleine Anekdoten zu den jeweiligen Standorten.
So verwandelt sich Ihr Stadtbummel in eine lebendige Geschichtsstunde – und Sie erleben, wie sich Gütersloh im Laufe der Zeit verändert hat.
Hinter jeder aktuellen Aufnahme finden Sie eine historische Ansicht des Geschäfts. Außerdem wirft jeder gezeigte Laden eine spannende Frage auf. Wenn Sie auf den kleinen Pfeil unter dem Bild klicken, öffnet sich die Antwort. Viel Spaß beim Entdecken!
Vielen Dank an das Stadtarchiv Gütersloh für die Unterstützung. Wir freuen uns auch, dass wir für unsere Recherchen den Nachlass von Ursula Langenkämper nutzen durften – er war eine wichtige Grundlage für viele der gezeigten Inhalte.
Wie wurde aus einem kleinen Ackerbürgerhaus eines der größten Modegeschäfte der Innenstadt?
In dem kleinen Ackerbürgerhaus an der Berliner Straße betrieb einst die jüdische Familie Gottschalk ein Textilgeschäft. Nach ihrer Vertreibung übernahm die Firma Wiesenhöfer das Geschäft, ehe später das Kaufhaus Opitz entstand. Heute befindet sich hier die Filiale von Vero Moda und Jack&Jones.
Das Gebäude gehört zum Büro- und Geschäftshaus Berliner Straße 26–28, das über mehrere Jahrzehnte – in drei Bauphasen zwischen 1927 und 2006 – errichtet wurde. Die rund 1.900 m² große Fläche wird heute vor allem vom dänischen Textilunternehmen Bestseller genutzt, zu dem Vero Moda gehört. Der Mietvertrag wurde gerade erst bis Ende März 2031 verlängert – Mode hat hier also weiterhin einen festen Platz.
Quellen:
- Buch „Damals bei uns in Gütersloh“ von Hagen Kraak, Abb.72
- Dekra Immobilien: Aktuelles/Vermietung/ 04.06.2025
Was hatte eine überdimensionale Pfeife mit sportlichem Ehrgeiz zu tun?
Im Jahr 1892 eröffneten der Gütersloher Drechslermeister Heinrich Friesenhausen und seine Frau Anna zunächst ein kleines Geschäft für Pfeifen, Tabakwaren und Schirme im Ruhrgebiet – genauer in Altenessen. Der wirtschaftliche Aufschwung in der Region brachte jedoch nicht den erhofften Erfolg, sodass das Paar bereits im Frühjahr 1893 nach Gütersloh zurückkehrte und das Anwesen Berliner Straße 25 vom Buchbindermeister Thormann übernahm. Hier, im Herzen der Stadt, entwickelten sie ihr Geschäft erfolgreich weiter.
Friesenhausen stellte viele der verkauften Pfeifen selbst an der Drehbank her. Als auffälliges Werbeschild montierte er eine überdimensionale Münsterländer Pfeife über dem Ladeneingang – diese musste jedoch bald wieder entfernt werden, da sie von Schülern des nahegelegenen Evangelisch Stiftischen Gymnasiums wiederholt als Reckstange zweckentfremdet wurde.
Im Jahr 1912 wurde das ursprüngliche Ackerbürgerhaus an gleicher Stelle durch einen Neubau im Jugendstil ersetzt, der mit seiner eleganten Fassade bis heute das Stadtbild in Richtung Kökerstraße prägt. Das besondere Ambiente des Ladens vermittelt auch heute noch beim Betreten ein Gefühl für die lange Geschichte des Hauses.
Nach dem Ersten Weltkrieg trat Heinrich Friesenhausens Neffe Leo Rascher-Friesenhausen in das Geschäft ein und erweiterte das Sortiment erfolgreich um Zigarren und Pfeifentabak. Nach dem Eintritt in die Ermuri-Händlervereinigung im Jahr 1933 zählt Friesenhausen zu den führenden Fachgeschäften für Tabakwaren in Ostwestfalen. Seit vier Generationen wird das Unternehmen in Familienhand weitergeführt – aktuell von Christopher Rascher-Friesenhausen, der die Tradition mit viel Engagement fortführt.
So besteht das Traditionsgeschäft heute, mehr als 130 Jahre nach seiner Gründung, weiterhin am selben Standort. Mit der originalen Jugendstil-Innenausstattung ist es ein lebendiges Zeugnis regionaler Geschäftstradition – und ein echtes Stück gelebter Stadtgeschichte.
Quellen:
- Buch „Traditionen im Kreis Gütersloh“ vom Monron Marketing Institute of N.Y., Seite. 42
- Carl Media „HANDELSHAUS DER VIELFALT“ von Ben Hensdiek
Warum wurde das Fachwerkhaus der Metzgerei Müller 1966 zurückversetzt und nicht einfach an der alten Stelle neu gebaut?
In der Berliner Straße 184 b gab es bereits 1783 eine Metzgerei – eine lange Tradition, die im Jahr 1873 mit Metzger Fritz Kniepkamp ihren Neustart erlebte. 1932 übernahm Georg Müller, der Großvater des heutigen Inhabers, den Fleischereibetrieb und führte ihn weiter. 1966 wurde das ursprüngliche Fachwerkhaus abgerissen und der Neubau etwas zurückversetzt, um eine Straßenkurve zu beseitigen und den Verkehr zu verbessern. Heute ist die Natur Metzgerei Müller besonders bekannt für ihre hausgemachte Spezialität: die schlesische Bratwurst, die direkt vor Ort hergestellt wird.
Quellen
- Gütsel: Inhabergeführter Einzelhandel in Gütersloh: Fleischerei Müller vom 11.01.2025
- Flyer „Die Mittlere Berliner Straße“ vom Stadtmuseum Gütersloh, Texte: Heinrich Lakämper-Lührs
Welche beiden Fachgeschäfte prägten ab 1966 mit einer gemeinsamen Fassade das Stadtbild in der Berliner Straße?
Im Jahr 1966 eröffneten in der Berliner Straße gleich zwei traditionsreiche Gütersloher Fachgeschäfte direkt nebeneinander: die Fleischerei Müller-Derigs in Hausnummer 33 und die Bäckerei/Konditorei Schmäling in Nummer 35. Ihre einheitliche Fassade ließ die beiden Geschäfte optisch zu einer Einheit verschmelzen – ein Bild, das viele Gütersloher noch heute in Erinnerung haben.
Besonders das Café Schmäling prägte das Stadtbild: Im ersten Stock entstand ein neues, einladendes Café mit direktem Zugang über den großzügig gestalteten Verkaufsraum im Erdgeschoss. Das Angebot war beachtlich – neben einem umfangreichen Sortiment an süßen Backwaren und über 45 Brotsorten wurden auch internationale Delikatessen verkauft.
Heute erinnert nichts mehr an den Duft frischer Brötchen – seit dem 7. Februar 2019 befindet sich hier Smile Optik, das neue Kapitel eines traditionsreichen Standortes mitten in der Gütersloher Innenstadt.
Quellen
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper: Westfälische Zeitung 24.September 1966
- Smile Optik Gütersloh
Wie wurde aus einem kleinen Uhrengeschäft in der Kökerstraße eines der markantesten Häuser der Berliner Straße – und sogar der Gütersloher Golddukaten geboren?
Im Jahr 1899 eröffnete Uhrmeister Heinrich Laumann in der Kökerstraße 293 ein Geschäft für Uhren, Goldwaren und optische Artikel. Schon nach zwölf Jahren waren die Räumlichkeiten zu klein und so entstand an der Berliner Straße 42 ein neues Geschäftsgebäude. Die Fassade mit ihren kunstvoll verzierten Erkern beeindruckte ebenso wie die großzügigen Hinterhöfe, in denen damals noch Obst- und Gemüsegärten Platz fanden. Zur Bauzeit war das Haus umgeben von den Fachwerkhäusern, die Gütersloh damals prägten.
Nach dem Tod von Heinrich Laumann Senior im Jahr 1953 führte sein Sohn Heinrich gemeinsam mit seiner Frau Margarete das Geschäft weiter. Bereits seit 1947 im Betrieb, meisterten sie die schwierige Nachkriegszeit zunächst mit dem Verkauf von Kochgeschirr. Mit dem beginnenden Wirtschaftsaufschwung entdeckten die Menschen jedoch bald wieder ihre Freude am Schmuck. Silber, vergoldete Stücke mit grünen Steinen und bald auch hochwertigerer Schmuck erweiterten das Sortiment. Die „Freude am Besonderen“ wurde zum Leitgedanken des Hauses.
Als Heinrich Laumann 1993 verstarb, hatten er und Margarete das Geschäft 45 Jahre lang geprägt. Aus dieser Zeit stammt auch der Gütersloher Golddukaten – ein Andenken aus fast reinem Gold (986/1000), 20 Millimeter groß und 3,5 Gramm schwer. Mit dem Gütersloher Wappen auf der einen Seite und den Türmen der Martin-Luther- und Apostelkirche auf der anderen war er als exklusives Souvenir, Schmuckstück oder Geschenk gedacht. Die Auflage war begrenzt, der Alleinverkauf lag bei Juwelier Laumann, und für 35 DM konnte man sich ein Stück Gütersloher Geschichte sichern.
Bereits 1974 hatte Bruno Laumann, der Enkel des Gründers, eine eigene Goldschmiede eingerichtet. Als Goldschmiedemeister lenkte er den Blick auf handgefertigten Schmuck und erkannte früh die Möglichkeiten des damals noch wenig verbreiteten Platins. In Zusammenarbeit mit drei befreundeten Meistern entstand die „Collection N“ – individuelle Schmuckstücke aus 750er Gold und Platin.
Vor April 2020 war in dem Gebäude „The Phone House“ ansässig, ehe das Damenbekleidungsgeschäft Liberty einzog. Liberty, 1976 in Lübbecke gegründet, betreibt bundesweit über 100 Filialen. In Gütersloh nutzt das Unternehmen eine rund 66 Quadratmeter große Fläche, die im typischen Liberty-Stil gestaltet wurde.
Heute steht das Haus Berliner Straße 42 unter Denkmalschutz und gilt als einer der markantesten Altbauten der Gütersloher Fußgängerzone.
Quellen
- Nachlass Langenkämper: Neue Westfälische Nr. 265, Samstag, 15.November 1999
Wie wurde aus einem kleinen Hutmacherladen ein modernes Modehaus mit Vorreiterrolle?
Im Oktober 1898 gründete Adolfine Wörmann in Gütersloh ein Geschäft für Damenhutmode. Als gelernte „Putzmacherin“ entwickelte und produzierte sie ihre eigene Hutkollektion direkt vor Ort. Zur Anfertigung exklusiver Hüte kam in den 1920er Jahren die sogenannte Umpresserei hinzu – ein Fabrikgebäude mit Lager und Kontor entstand eigens dafür hinter dem Geschäft.
In den 1930er Jahren wurde das moderne Geschäftshaus in der Berliner Straße 43–45 errichtet. Damals trat auch Eduard Keisinger, der spätere Ehemann von Else Wörmann, als Kaufmann ins Unternehmen ein. Else Wörmann leitete das Geschäft durch die schwierigen Zeiten des Zweiten Weltkriegs und sorgte so für den Fortbestand des Unternehmens.
Heute wird das Modehaus Wörmann in vierter Generation geführt. Als erstes Geschäft in der Berliner Straße wurde es mit Unterstützung der Dr.-Salk-Gedächtnis-Stiftung für Behinderte mit einer mobilen Rampe ausgestattet – ein frühes Beispiel für Barrierefreiheit im Einzelhandel.
Quellen:
- Gütsel: Modehaus Wörmann
- Neue Westfälische „Mobile Rampen sollen Rollifahrern den Zugang zu Geschäften erleichtern“ vom 18.04.2018
- Buch „Traditionen im Kreis Gütersloh“ vom Monron Marketing Institute of N.Y., Seite. 42
Welches Haus in der Berliner Straße wartet nach 100 Jahren voller Geschichten jetzt auf ein neues Kapitel?
Das Haus an der Berliner Straße 44 hat eine bewegte Geschichte. Ursprünglich trug es die Hausnummern 192 bzw. 332, bevor es 1910 durch einen verheerenden Brand in die Schlagzeilen geriet. Nur ein Jahr später, 1911, entstand an dieser Stelle ein Neubau, der bald zum Zuhause verschiedener Handwerks- und Handelsfamilien wurde: Roggenkamps als Fuhrleute, Raßfelds als Kaufleute, Ueckmanns als Bäcker – und schließlich die Familie Fricke. Walter Fricke führte hier seine Buchbinderei, während Arnold Fricke mit einem Papier- und Schreibwarengeschäft Generationen von Gütersloher:innen versorgte. Bis 1969 prägte die Familie das Stadtbild, bevor das Haus zu „Schuh-Quelle“ wurde, welches bis 1972 bestand.
Nach 1972 wechselten die Nutzungen mehrfach – wie viele Innenstadtgebäude erlebte auch Nr. 44 den Strukturwandel des Einzelhandels. Heute steht das Haus leer, doch seine Fassade erinnert noch immer an mehr als 100 Jahre Stadtgeschichte. Derzeit sucht es neue Mieter*innen – und vielleicht schreibt bald jemand das nächste Kapitel an diesem traditionsreichen Ort.
Quellen
- Nachlass Langenkämper: S.14
- Beitragsbilder: Gütersloh Marketing
Was verrät uns das Haus Berliner Straße 46 über das jüdische Leben und den städtischen Handel in Gütersloh?
Das Haus Berliner Straße 46 hat eine lange und bewegte Geschichte, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Im Jahr 1865 zog der Metzger Moses Wolf in das damalige Fachwerkhaus und eröffnete dort seine Metzgerei. Nach seinem altersbedingten Wegzug nach Osnabrück übernahm sein Kollege Jacob Eichwald den Betrieb. Er selbst wohnte mit seiner Familie an der Hohenzollernstraße 1, während er das Geschäft in der Berliner Straße weiterführte.
1929 wurde das alte Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. In diesem neuen Haus eröffnete Kaiser’s Kaffee-Geschäft eine Filiale – ein beliebtes Geschäft, das Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, Pralinen, Gebäck sowie Kolonialwaren und Konserven anbot. Damit war das Haus weiterhin ein lebendiger Bestandteil des städtischen Einzelhandels. Es wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, jedoch bereits 1945 wieder instandgesetzt. Ein bedeutender Erinnerungsort ist ebenfalls hier verortet: Ein Stolperstein vor dem Haus erinnert an Emma Löwenstein, die in der Zeit des Nationalsozialismus hier lebte und später deportiert wurde.
Quellen
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper
- Die Glocke „Bekanntes Haus in Gütersloh steht zum Verkauf“ vom 20.11.2024
- Stadt Gütersloh „Stolpersteine in Gütersloh: Ihr Name lebt weiter“. Seite. 16/17
Wie gelingt es einem Haus, über die Jahrzehnte hinweg sowohl als Hotel als auch als Gastronomielocation zum lebendigen Mittelpunkt der Stadt zu werden?
Mitte der 1920er Jahre erfüllten sich Eduard und Lina Scheck mit der Eröffnung ihres Hotels in der Innenstadt einen großen Traum. Das „Hotel Scheck“ wurde schnell zu einem beliebten Treffpunkt der Gütersloher Kaufmannschaft und prägte das Stadtbild nachhaltig. 1940 übergab Eduard Scheck die Leitung an seine Tochter Elisabeth und ihren Mann Fritz Falkenreck.
Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Hotel bis 1950 als englisches Familienhotel für Angehörige der hier stationierten britischen Soldaten. Zwischen 1950 und 1966 wurde das Hotel verpachtet, bevor sich die Nutzung des Gebäudes ab 1966 veränderte: Während das Untergeschoss weiterhin gastronomisch genutzt wurde, entstanden in den oberen Etagen zunächst Büros und später Wohnungen.
Ein besonderes Kapitel in der Geschichte des Hauses ist die Kneipe „Scheck In“, die vom Urenkel des Gründers, Michael Falkenreck, eröffnet wurde. In Anlehnung an das ursprüngliche Hotel knüpfte das „Scheck In“ an die traditionsreiche Vergangenheit an und wurde zu einem beliebten Treffpunkt für Jung und Alt in Gütersloh. Vor dem Einzug des „Scheck In“ hatte der italienische Gastronom Salvatore Liotta hier 15 Jahre lang eine Pizzeria betrieben. So blieb das Untergeschoss des Hauses über viele Jahrzehnte ein lebendiger gastronomischer Ort.
Später zog das Wäschegeschäft Lascana ein, bevor im Sommer 2022 der Optiker Mister Spex den Standort übernahm – und dem traditionsreichen Haus eine neue Nutzung gab.
Quellen:
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper: Neue Westfälische 12.05.1998
- Neue Westfälische „Europas größter Online-Optiker zieht in die Gütersloher Innenstadt“ vom 09.02.2022
Was verbindet ein jüdisches Kaufhaus, einen Viehhändler und sieben Ulmen mitten in der Stadt?
Die Hausnummern 48 und 50 in der Berliner Straße erzählen gleich mehrere Kapitel Gütersloher Stadtgeschichte – vom frühen Fachwerk bis zur heutigen Einkaufsstraße.
An der Stelle der heutigen Berliner Straße 48 stand einst ein Fachwerkhaus, das bereits vor 1783 erbaut worden war. 1872 erwarb es der Viehhändler Adolf Wolf, bevor es 1895 in den Besitz des Schuhmachers Franz Eberlein überging. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ der Kaufmann Friedrich Tewesmeier das Grundstück neu bebauen. In seiner heutigen Form präsentiert sich der Gebäudekomplex seit 1984.
Direkt daneben, an der Berliner Straße 50, befand sich von 1913 bis 1937 das Kaufhaus Eisenstein oHG, das von Benjamin und Emma Eisenstein geführt wurde. In bis zu zwölf Abteilungen wurde hier alles angeboten – von Stoffen über Lederwaren bis hin zu Toilettenartikeln.
Heute befindet sich in diesem Gebäude die Filiale von H&M.
Mit der umfassenden Neugestaltung der Berliner Straße, die im Oktober 2020 abgeschlossen wurde, erhielt das Umfeld ein völlig neues Gesicht: Barrierefreie Übergänge, moderne Beleuchtung, neue Gehwege und sieben neu gepflanzte Säulen-Ulmen werten das Straßenbild deutlich auf und steigern die Aufenthaltsqualität für Passanten und Kundschaft.
Quellen:
- Stadt Gütersloh „Stolpersteine in Gütersloh: Ihr Name lebt weiter“. Seite. 19/23
- Stadt Gütersloh „(Plus-)Punkt-Landung: Die Berliner Straße ist nach Umgestaltung freigegeben“
Warum begann ein Juwelierbetrieb vor über 200 Jahren damit, Besteck aus Goldmünzen herzustellen?
Das älteste Juweliergeschäft in Ostwestfalen-Lippe hat seine Heimat in Gütersloh und blickt auf eine beeindruckende Firmengeschichte von 233 Jahren zurück – ein Zeichen für Qualität, Tradition und echtes Handwerk. Gegründet wurde das Geschäft in der Berliner Straße 10, bevor es später in die Berliner Straße 56 zog. Nur die bereits 1731 gegründete Krönig’sche Apotheke ist noch älter und somit noch länger am Standort präsent. Das macht das Juweliergeschäft sogar älter als die Stadtrechte, die in diesem Jahr gefeiert werden.
Die Urkunde, welche Sie im Schaufenster sehen, ist ein sogenanntes Privilegium – eine offizielle Zulassung, mit der der Firmengründer Louis Viemann am 14. November 1792 von Emil Friedrich Karl dem Ersten, Graf zu Bentheim-Tecklenburg, als Gold- und Silberarbeiter anerkannt wurde. Diese Zulassung war notwendig, um den Ansprüchen von Gutsbesitzern und Fürsten gerecht zu werden.
Um ihren Wohlstand zu zeigen und ihren gehobenen Lebensstil zu unterstreichen, ersetzten wohlhabende Haushalte ab etwa 1780 ihre einfachen Holzlöffel durch kunstvoll gefertigte Bestecke aus eingeschmolzenen Goldmünzen. Heute fertigt Goldschmiedemeister Frank Weidler, Nachfolger seines 2022 verstorbenen Vaters Fritz, zwar kein Gold- und Silberbesteck aus Münzen mehr an – und auch Gutsbesitzer und Fürsten zählen nicht mehr zu seinem Kundenkreis. Doch der Meister fühlt sich der überlieferten Handwerkskunst an der Werkbank nach wie vor tief verpflichtet – so wie es seine Vorgänger vor über zwei Jahrhunderten taten.
Goldschmiedemeister Frank Weidler führt das Familienunternehmen mit großer Leidenschaft und Liebe zum Detail. Neben einer erlesenen Auswahl an Schmuckstücken und Uhren bietet er umfassende Serviceleistungen – von Reparaturen über individuelle Anfertigungen bis hin zum schnellen Batteriewechsel.
Quellen
- Carl, Ausgabe Juni 2025, S.40
Wie passen 15.000 Paar Schuhe, eine historische Fassade und eine der größten Baustellen der Stadt zusammen?
Im März 1949 eröffnete das Ehepaar Wilhelm und Ursula Keßel in der Berliner Straße 35 ein Fachgeschäft für Schuhe – zunächst auf nur 40 Quadratmetern. Doch die Auswahl an Damen-, Herren-, Kinder- und Hausschuhen traf den Geschmack der Kundschaft so gut, dass das Geschäft rasch wuchs: Schon bald zog das Schuhhaus an die Ecke Berliner Straße / Schulstraße um und wurde zu einer festen Größe im Stadtbild.
Der Fokus lag stets auf bequemen, aber modischen Schuhen – ein Erfolgsrezept. 1972 wurde der Laden umfassend umgebaut und auf über 400 Quadratmeter erweitert. Über 15.000 Paar Schuhe fanden hier Platz – und mit ihnen viele Geschichten, Begegnungen und treue Stammkund*innen.
Im März 2016 stellte das Schuhhaus Keßel seinen Betrieb ein. Im Anschluss wurde das Gebäude im Rahmen einer zweieinhalb Jahre dauernden Sanierung umfassend modernisiert – eine der größten Baustellen in der Innenstadt. Die historische Fassade blieb dabei bewusst erhalten, sodass das Haus seinen typischen Charakter bewahren konnte.
2017 kündigte schließlich Deichmann den Einzug in die neuen Räumlichkeiten an – und knüpfte damit an die langjährige Schuhtradition am Standort an.
Quellen:
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper: zur Berliner Straße 57, Zeitungsartikel vom 28.03.1974
- Neue Westfälische „Schuhhaus Keßel startet Ausverkauf“ vom 17.03.2016
- Neue Westfälische „Gütersloher Deichmann-Filiale eröffnet in neuen Räumen“ vom 07.06.2019
Was hat ein ausgebrochener Affe mit der Berliner Straße 60 zu tun?
Auf dem Foto sehen wir Kürschnermeister H. Niehaus mit seinen Töchtern – ein Handwerker, der Pelze verarbeitete, Kleidungsstücke anfertigte und alte Pelze neu aufbereitete. In seinem Schaufenster in der Berliner Straße 60 präsentierte er neben Hüten, Mützen und Pelzaccessoires auch eine ungewöhnliche Besonderheit: einen ausgestopften Affen.
Die Geschichte dahinter stammt aus der Familienchronik Roggenkamp und erzählt eine wahre Begebenheit aus der Nachbarschaft: Die Familie Urban hielt auf ihrem Hof einen angeketteten Affen. Als Sophie Roggenkamp ihn eines Tages ärgerte, riss sich das Tier los, biss sie ins Bein und sorgte später mit einem weiteren Ausbruch für Aufregung in der Umgebung. Nach einer wilden Jagd durch Gärten und Straßen wurde der Affe eingefangen und schließlich getötet. Der ausgestopfte Affe landete schließlich im Schaufenster des Kürschners – und wurde so selbst Teil der Stadtgeschichte.
Heute erinnert nichts mehr an den ungewöhnlichen Schaufensterbewohner – doch das Gebäude selbst lebt weiter:
Im Frühjahr 2021 wurde das Haus Berliner Straße 60 umfassend saniert. Die Fassade wurde instandgesetzt, modernisiert und neu gestrichen. Im Inneren wurde zeitgleich der Ladenbereich umgebaut und für die heutige Peacock-Moden-Filiale hergerichtet.
Quellen:
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper
- Neue Westfälische „Modekette Peacock eröffnet in Gütersloh eine Filiale an der Berliner Straße“ vom 18.03.2021
Wie hat es das Schuhhaus Kropp geschafft, über 150 Jahre hinweg Tradition, Innovation und Qualität zu vereinen und so zu einem festen Bestandteil der Gütersloher Stadtgeschichte zu werden?
Im Jahr 1855 gründete Wilhelm Kropp, Schuhmachermeister aus Gütersloh, seine eigene Schuhmacherei. Mit handwerklichem Geschick und einem hohen Qualitätsanspruch trug er entscheidend dazu bei, dass die Bürger Güterslohs bald den Ruf hatten, stets gut zu Fuß zu sein.
Bereits 1890 erweiterte Wilhelm Kropp sein Angebot, indem er erstmals Schuhe anbot, die nicht mehr in der eigenen Werkstatt gefertigt wurden, sondern die er mit Ross und Wagen direkt vom Großhändler bezog – ein früher Schritt in Richtung Handel.
Sein Sohn, Heinrich Kropp senior, erkannte 1910 die Zeichen der Zeit und ergänzte das traditionelle Schuhmacherhandwerk um ein Ladengeschäft. Damit legte er den Grundstein für den Wandel vom Handwerksbetrieb zum modernen Schuhfachgeschäft.
1929 setzte Heinrich Kropp junior mit viel Tatkraft und Unternehmergeist neue Maßstäbe, indem er einen großzügigen Neubau errichten ließ, um dem wachsenden Kundenstamm gerecht zu werden.
1961 übergab er das Geschäft an seinen Sohn und Nachfolger Eduard Falkenreck, einen ausgebildeten Schuhfachkaufmann. Unter seiner Führung entwickelte sich das Schuhhaus stetig weiter.
1966 erfolgte ein umfassender Umbau, der nicht nur zahlreiche Kunden, sondern auch Fachbesucher aus ganz Deutschland anzog. Das ausgesuchte Sortiment europäischer Spitzenqualität sprach sich weit über die Grenzen Güterslohs hinaus herum.
1976 erhielt das Schuhhaus ein modernes Gesicht: Mit einer neuen Innenausstattung setzte das Haus erneut ein deutliches Zeichen für Fortschritt und Kundennähe – ganz im Sinne der Gründertradition.
1991 wurde das Schuhhaus Kropp in der Bewertung „Avis – Best of Germany“ als eines der fünf besten Fachgeschäfte für Schuhe in Deutschland ausgezeichnet – ein bedeutendes Qualitätsprädikat.
1994 widmete der Kunstverein für die Stadt und den Kreis Gütersloh dem Schuhhaus eine besondere Anerkennung: Im Veerhoffhaus zeigte er die Ausstellung „Schuhe und Kunst“, die ausschließlich aus der privaten Sammlung von Eduard Falkenreck stammte.
Nach 150 Jahren Firmengeschichte, geprägt von handwerklicher Tradition, Innovationsgeist und einem feinen Gespür für Qualität und Stil, schloss das Schuhgeschäft zum 1. August 2005 seine Türen.
Das Gebäude bildet zusammen mit dem benachbarten Bau in der Strengerstraße 2 eine bauliche Einheit und schließt den Konrad-Adenauer-Platz im Süden ab. Die repräsentativen Fassaden wurden 2002 und 2005 fachgerecht saniert. Seit 2007 befindet sich hier der Marc O’Polo Store in Gütersloh.
Quellen:
- Stadtarchiv Gütersloh, Nachlass Ursela Langenkämper
- Stadt Gütersloh: Stadt.Blicke – Architektur trifft Geschichte vom Fachbereich Stadtplanung
Wie schafft es die Bäckerei Fritzenkötter, Tradition und handwerkliche Meisterschaft über Generationen hinweg lebendig zu halten?
Die Backstube der Familie Fritzenkötter an der Strengerstraße blickt auf eine beeindruckende Geschichte von über 130 Jahren zurück. Ende der 1960er Jahre wurde das Angebot um ein gemütliches Café erweitert, das seitdem zahlreiche Besucher anzieht. Heute zählt Fritzenkötter zu den traditionsreichsten Bäckereien der Region, geführt von Konditormeister Christoph Fritzenkötter und seiner Frau Inka.
Das historische Gebäude bildet gemeinsam mit dem Nachbarbau in der Berliner Straße 62 eine harmonische bauliche Einheit und schließt den Konrad-Adenauer-Platz nach Süden hin ab. Die repräsentativen Fassaden wurden in den Jahren 2002 und 2005 sorgfältig saniert, sodass der Charme des Hauses bis heute erhalten geblieben ist.
Eine ganz besondere Spezialität rund um die Weihnachtszeit sind die berühmten Gütersloher Schokoladenglocken. Christoph Fritzenkötter stellt diese Pralinen mit einer feinen Canache-Füllung in Handarbeit her – eine süße Hommage an die deutschlandweit einzigartige Tradition des Gütersloher Nachtsanggeläuts.
Quellen
- Stadt Gütersloh: Stadt.Blicke – Architektur trifft Geschichte vom Fachbereich Stadtplanung
- Neue Westfälische „Diese Bäckereien aus dem Kreis Gütersloh gehören zu den besten in ganz Deutschland“ vom 13.01.2024
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- Aktuelle Beitragsbilder: Lena Descher und Clara Abelmann